Ich weiß nicht, wie ich ankomme

„Ich weiß gar nicht wirklich, wie ich bei anderen ankomme und frage mich manchmal, ob ich so ankomme, wie ich das gerne möchte.“ Führungskräfte fragen sich, ob sie von ihren Mitarbeitern wirklich so wahrgenommen werden, wie sie hoffen und glauben. Wenn ein Klient diese Fragestellung mitbringt, freue ich mich. Denn das zeigt, dass schon ein recht hoher Grad an Problembewusstsein, an Selbstreflexion oder an Reflexionsfähigkeit vorhanden ist. Die Person zieht zumindest selbst in Betracht, dass das Selbstbild vielleicht nicht zu 100% mit der Fremdwahrnehmung übereinstimmt.

Schwieriger ist es bei den Führungskräften, die gar kein Problembewusstsein haben. Sie demotivieren oder frustrieren ihre Mitarbeiter mit ihrem Verhalten, sind sich dessen aber in keinster Weise bewusst. Um den eigenen Wirkungsgrad als Führungskraft jedoch maximal zu erhöhen, muss es Ziel sein, ein möglichst realistisches Selbstbild zu haben oder anders ausgedrückt, eine möglichst hohe Übereinstimmung zwischen Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung zu erreichen. Das Ziel: möglichst keine blinden Flecken im eigenen Verhalten haben. 

Die Krux mit den blinden Flecken im eigenen Verhalten
Stellen Sie sich vor, Sie sind im Auto unterwegs. Sie fahren auf der Autobahn und schauen in den Außenspiegel, weil Sie beabsichtigen, die Spur zu wechseln. Sie sehen, die Bahn ist frei und setzen den Blinker, um die Spur zu wechseln. Doch kommt auf dieser Spur ein Fahrzeug gerade in dem Moment heran, in dem Sie ausscheren wollen. Sie konnten es nicht sehen, weil es in Ihrem toten Winkel war. Doch alle anderen um Sie herum können sehen: gleich knallt’s.

Ähnlich ist es auch mit unserem Verhalten. Es gibt Dinge die wir tun und die wir sagen, die uns selber nicht bewusst sind oder deren Wirkung auf andere uns nicht bewusst ist – die aber sehr wohl von anderen wahrgenommen werden. Dinge, die andere zum Beispiel demotivieren, frustrieren, irritieren. Nur ... wenn es einem keiner sagt, wie soll man es dann wissen?

Wirksames Gegenmittel: Feedback
Eines der wirksamsten Mittel gegen blinde Flecken ist deshalb das Einholen von Feedback. Rückmeldung einholen. In den Dialog gehen und eine Kultur schaffen, in der man sich gegenseitig in einem Klima von Vertrauen und gegenseitiger Wertschätzung, Rückmeldungen zum Verhalten und zur Leistung geben kann. Idealerweise 360° – jeder jedem. Das geht häufig einher mit einer sehr ausgeprägten Fehlerkultur. Fehlerkultur bedeutet natürlich nicht, dass wir viele Fehler machen, sondern Fehlerkultur bedeutet, es herrscht eine Kultur, in der niemand Angst haben muss, einen Fehler einzugestehen, weil es sonst einen auf den Deckel gibt. In der jeder offen und transparent sagt: „Schaut mal, mir ist Folgendes passiert und ich habe ein Problem. Was kann ich machen? Wie können wir draus lernen? Wie können wir sicherstellen, dass das in Zukunft nicht mehr passiert? “ 

Alles hängt direkt zusammen. Wenn Sie Führungsperson sind, möchte ich Sie ermutigen, Ihre Mitarbeiter selbst um Feedback zu bitten. Ihre Leute werden erkennen, dass Sie das ernst meinen, das wirklich auch entgegennehmen und damit etwas machen. Dazu gehört natürlich auch, dass diese Feedbacks technisch und methodisch richtig gegeben werden. Auch da gibt es wichtige Ansätze, die zu berücksichtigen sind, damit jemand ein kritisches Feedback, wenn es richtig gegeben wurde, eben dankbar als Geschenk entgegennimmt und nicht aufsteht und verletzt oder beleidigt den Raum verlässt.

Schaffen Sie diese Bereitschaft
Um selber eine Feedbackkultur vorzuleben, braucht es erstens die Bereitschaft zum Einholen von Rückmeldungen. Zweitens braucht es die Ermutigung der Mitarbeiter dazu, sich gegenseitig auch Feedback zu geben. Und drittens braucht es die entsprechende Feedbackkompetenz – also die Fähigkeit, Feedback korrekt und professionell zu geben. 

So sieht das in der täglichen Praxis aus
Am besten geben Sie Feedback auch nicht nur einmal im Jahr im Mitarbeiter-Jahresgespräch, sondern fortlaufend, im Alltag, nach einem Meeting, nach einer Präsentation: kurz zusammen hinsetzen und ein De-Briefing machen mit gegenseitiger Rückmeldung.

Sie können das Ganze auch auf einem formaleren Weg machen, in Form eines strukturierten 360°-Feedbacks. Dieses ist häufig onlinegestützt mit Tools. Darauf basierend können Sie dann zu Beginn eines Führungskräfteentwicklungs- oder Coaching-Prozesses ein bis zwei Entwicklungsbereiche wählen, die Sie über die nächsten Monate zusammen mit Ihrem Coach entwickeln. 

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Geben und Einholen von Feedback und beim Reduzieren Ihrer blinden Flecken.

Wenn Sie wissen wollen, wie Sie bei Ihren Mitarbeitern oder Kollegen ankommen.