Viele Menschen neigen dazu, auf den Ärger anderer Menschen ebenfalls mit Ärger zu reagieren. Dies nicht zu tun, ist fast schon eine Kunst. Sich aber z. B. nie mehr zu ärgern, sollte auch nicht das Ziel sein. Viel wichtiger ist es, dass wir mit unseren eigenen Emotionen und Gefühlen in Kontakt sind, uns Zeit lassen, sie akzeptieren und annehmen wie sie kommen und sie in adäquater Weise kontrollieren oder zum Ausdruck bringen. Bei der Bewältigung mit Emotionen und Gefühlen hilft ein einfaches Modell. Dieses möchte ich Ihnen heute gerne vorstellen.
Stellen Sie sich vor, Sie sind am Flughafen und freuen sich auf Ihren Urlaub, den sie schon seit Wochen herbeigesehnt haben. Die letzten Wochen haben Sie darauf hin gefiebert, alles zu Hause geregelt und schon vieles vorgearbeitet, um diese zwei Wochen entspannt antreten zu können. So betreten Sie die Abflughalle und suchen Ihren Flug auf der Anzeigetafel, um die Flugdaten abzugleichen. Sie finden Ihren Flug und lesen in großen Lettern: Cancelled. Ihr Flug wurde storniert. In diesem Moment beginnt Ihre Reise durch das »Tal der Tränen«.
Von der Verneinung zum Committment
Sie sind schockiert. Im ersten Moment fühlen Sie sich wie gelähmt und wollen es erst gar nicht wahrhaben. Das kann doch nicht wahr sein! Warum wurde der Flug storniert? Warum gerade heute? Warum passiert das unbedingt Ihnen? Womit haben Sie das verdient? Sie beginnen sich zu ärgern. Nach einer Weile schwingt der Ärger um in ein Gefühl der Traurigkeit und Befürchtungen machen sich breit. Doch nach einem weiteren Moment haben Sie die Situation realisiert und können beginnen, rational darüber nachzudenken und die Optionen zu prüfen. Und wie jedes Tal hat auch dieses ein Ende. Sie haben die Situation angenommen und sind nun in der Lage, klare Entscheidungen zu treffen. Sie entscheiden sich also beispielsweise, den Informationsschalter aufzusuchen und sich nach Alternativen zu erkundigen. Sie akzeptieren die Situation und richten sich neu darauf aus.
Dieses ist nur ein Beispiel für den Umgang mit Emotionen. Je nach Tragweite eines Ereignisses kann sich die Durchschreitung des Tals der Tränen von ein paar Stunden ausweiten auf mehrere Tage, Wochen, Monate. Menschen benötigen zudem unterschiedlich lange Zeiträume zur Akzeptanz einer Situation. Besonders in der Führung von Mitarbeitern sollte man das bedenken, wenn z. B. Veränderungen angekündigt werden.
Emotionen verstehen
Wenn Sie als Führungskraft mit den Emotionen eines Mitarbeiters konfrontiert werden, machen Sie sich bewusst, dass auch dieser zunächst das Tal der Tränen durchlaufen muss. Die Botschaft über eine Veränderung seines Arbeitsplatzes oder die Tatsache, dass er demnächst in ein neues Projekt einsteigen soll, mit dem er neues Terrain betritt, wird in ihm etwas auslösen. Geben Sie ihm daher Zeit, die Veränderung zu akzeptieren.
Der richtige Umgang mit Emotionen
Sobald wir in das Tal der Tränen hineinkommen, je mehr unsere Emotionen die Übermacht gewinnen, desto mehr reduziert sich unsere Fähigkeit, rational zu denken und zu handeln. Erst an der Talsohle erlangen wir unsere Rationalität wieder. Aus diesem Grund kommt es häufig vor, dass wir in der Wut Dinge tun oder sagen, die wir im Nachhinein gerne zurücknehmen würden.
Wenn wir uns dieses Modell vor Augen führen, sollten wir stets vermeiden, direkt in der Emotionalität schwerwiegende Entscheidungen zu treffen. Wir sollten uns Zeit nehmen, die Emotionen zuzulassen und zu akzeptieren, bis wir an einen Punkt kommen, an dem wir wieder rational denken und handeln können.