Ich möchte Ihnen das erklären und Sie auffordern, Ihre Fantasie ein wenig spielen zu lassen: Stellen Sie sich vor, Sie sind für einen Augenblick 95 Jahre alt. Ein hohes Alter, in der Tat. Sie haben sehr viele Jahre hinter sich. Viele Jahre, in denen Sie Wissen angehäuft und Erfahrungen gesammelt haben – für Ihre berufliche Karriere wie auch für Ihr Privatleben. Doch Sie wissen, dass Sie in Kürze schon den letzten Atemzug machen und Ihre wohl verdiente Ruhe finden werden. Da bekommen Sie die Gelegenheit: Sie dürfen in der Zeit zurückreisen und mit Ihrem Ich sprechen, das gerade jetzt diesen Text liest. Ihr 95-jähriges Ich hat damit die einzigartige Chance bekommen, Ihrem heutigen Ich zu einer grossartigen Karriere und – noch viel wichtiger – zu einem grossartigen Leben zu verhelfen.
Finden Sie heraus, was wirklich zählt
Ihr 95-jähriges Ich weiß, was wirklich wichtig ist und was nicht. Was wirklich zählt und was nicht. Worauf es wirklich ankommt und worauf nicht. Für Sie ganz persönlich. Welchen Rat gibt Ihnen Ihr weises „altes Ich“? Überlegen Sie. Denken Sie in Ruhe nach. Lassen Sie sich Zeit. Notieren Sie sich die Antworten auf zwei Ebenen: einem persönlichen Rat und einem beruflichen Rat. Und sobald Sie die Antworten notiert haben, verinnerlichen Sie diese.
In einer Welt von Qualifikationsgesprächen mag dieses das wohl wichtigste sein. Wenn am Ende Ihres Lebens Ihr altes Ich findet, Sie haben es gut gemacht, dann war es wohl genau so. Wenn Ihr altes Ich jedoch denkt, Sie haben es vermasselt, dann war es wahrscheinlich auch genau so. Am Ende des Lebens angelangt, müssen Sie niemanden beeindrucken – höchstens die Person, die Sie im Spiegel sehen.
Ein Freund von Marshall Goldsmith hatte die Gelegenheit, mit alten Menschen zu sprechen, die dem Tod nahe waren. Er fragte sie, welchen Rat sie sich selbst gegeben hätten, wäre jemals die Chance dazu da gewesen. Ein wiederkehrendes Thema war, über das Leben nachzudenken und Glück und Sinnhaftigkeit im Jetzt zu finden. Insbesondere alte Menschen haben oft gesagt: „Ich war so damit beschäftigt zu sehen, was ich alles nicht hatte, dass ich es verpasst habe zu sehen, was ich alles hatte. Ich hatte beinahe alles. Ich wünschte, ich hätte mir mehr Zeit genommen, das zu schätzen.“
Leben Sie im Jetzt
Die grosse sogenannte westliche Krankheit drückt sich aus in Aussagen wie: „Ich werde glücklich sein, wenn ...“. Sie kennen die Symptome. Sie fangen an zu denken: Ich werde glücklich sein, wenn ich ... befördert wurde ... diesen oder jenen Status erreicht habe ... mehr Geld verdiene oder habe. Der einzige Weg, um diese Krankheit zu heilen, ist Glück und Sinnhaftigkeit im Jetzt zu finden.
Ein zweites Thema, das Goldsmiths Freund bei seinen Gesprächen besonders mit alten Menschen begegnet ist, waren Freunde und Familie. Man mag für eine wunderbare Firma arbeiten und glauben, dass sein Beitrag sehr wichtig ist. Aber am Totenbett werden wahrscheinlich nur sehr wenige ehemalige Mitarbeiter zum Abschied winken! Freunde und Familie werden wohl diejenigen sein, denen man wirklich etwas bedeutet hat.
Verlieren Sie sich also nicht zu sehr darin, Menschen zu gefallen, denen Sie gar nicht wichtig sind. Sie laufen damit nur Gefahr, diejenigen zu vernachlässigen, denen Sie wirklich etwas bedeuten.
Versuchen Sie es!
Ein weiteres Thema, das immer wieder auftauchte, war das Verwirklichen von Träumen. Ältere Menschen, die versucht hatten, ihre Träume zu verwirklichen, waren glücklicher mit ihrem Leben. Tatsache ist: Niemand von uns wird jemals alle seine Träume verwirklichen. Und falls es uns gelingt, werden wir schnell neue Träume haben. Wenn wir aber versuchen, sie zu verwirklichen, können wir am Ende wenigstens sagen: „Ich habe es versucht!“, statt „Warum habe ich es nicht wenigstens versucht?“
Im Laufe der Recherche für eines seiner Bücher hat Marshall Goldsmith zusammen mit seinem Co-Autor mehr als 200 High-Potentials aus allen Teilen der Welt befragt. Eine Schlüsselfrage war: „Falls Sie in diesem Unternehmen bleiben möchten, weshalb bleiben Sie?“
Die Top 3 Antworten:
- „Ich finde hier Sinnhaftigkeit und Zufriedenheit. Die Arbeit ist spannend und ich liebe was ich mache.“
- “Ich mag die Menschen hier. Sie sind meine Freunde. Es fühlt sich an wie ein Team – wie eine Familie. Ich könnte woanders vielleicht mehr verdienen, aber ich will die Menschen hier nicht verlassen.”
- “Ich kann meine Träume verwirklichen. Diese Organisation gibt mir die Möglichkeit zu wachsen und das zu tun, was ich in meinem Leben wirklich tun will.”
Das Interessante bei diesem Vergleich nach der Frage, was wirklich zählt im Leben: Sowohl Menschen auf dem Sterbebett wie auch junge High-Potentials haben darauf sehr ähnliche Antworten.
Wenn Sie in Ihrem Leben einen Neuanfang machen wollen – blicken Sie zum Ende. Dann entscheiden Sie, was zu tun ist.
Aus dem Englischen übersetzt und teilweise adaptiert von Thomas Gelmi, zertifizierter Marshall Goldsmith Coach. Quelle: <LINK www.marshallgoldsmithfeedforward.com/marshallgoldsmithblog/ _blank "external-link-new-window" "Opens external link in new window">Marshall Goldsmith Thinkers50 Video Blog</link>