Mit Denken überfordert – und unglücklich

Haben Sie auch manchmal das Gefühl, Ihr Denken macht, was es will und Ihre Gedanken verselbstständigen sich, sodass Sie sich darin im schlimmsten Fall verstricken? Vielleicht liegen Sie abends sogar wach im Bett, wenn Sie eigentlich schlafen möchten? Nun, das ist durchaus normal, doch können Sie aktiv etwas dagegen tun. Und das ist einfacher, als Sie wahrscheinlich denken.

Den Verstand verstehen

Schauen wir uns zuerst einmal an, wie unser Verstand überhaupt funktioniert. Unser Verstand ist ein hervorragendes Instrument, das wir einsetzen können, um zielgerichtet komplexe Probleme zu lösen und Aufgaben zu bewältigen. Ein wunderbares Geschenk. Ein wunderbares Instrument und ein guter Diener, aber ein schlechter Herr. Was heißt das?

Solange wir unser Denken kontrollieren, solange wir unser Denken zielgerichtet einsetzen, ist es ein sehr hilfreiches Instrument. Lassen wir unseren Verstand aber von der Leine, dann verhält er sich wie ein junger Hund. Er springt von einer Ecke in die andere und macht, was er will. Manchmal spielt er auch ziemlich verrückt.

Es gibt eine Untersuchung aus den USA, die zu einem klaren Ergebnis kommt: Der wandernde Verstand ist ein unglücklicher Verstand. »The wandering mind is an unhappy mind.«

Getrieben durch den Alltag

Für viele Menschen sieht der Alltag in etwa folgendermaßen aus: Sie wachen morgens auf, haben dann noch ein paar Sekunden Ruhe, bis schon der erste Gedanke aufkommt. „Was ist heute für ein Tag? Ah, Dienstag. Oh, nein, das Meeting um 10 Uhr:00 mit dem Chef und dann am Nachmittag noch, oh ne, mit dem Kunden ...“ Ein Gedanke folgt auf den anderen. Im schlimmsten Fall stehen Sie auf, gehen duschen und mit Ihnen unter der Dusche – im übertragenen Sinne – ist schon der Chef, sind Ihre Arbeitskollegen, Ihre Sekretärin, der Kunde, die Kollegen ebenfalls dort. Und Sie sind gedanklich eigentlich schon an Ihrem Arbeitsplatz, obwohl Sie tatsächlich noch unter der Dusche stehen. Sie sind also nicht wirklich präsent.

Wir haben 60.000 bis 80.000 einzelne Gedankengänge pro Tag, sagt eine entsprechende Studie. Das Meiste davon ist Wiederholung. Das Meiste davon ist das Gleiche wie gestern, das Gleiche wie letzte Woche, das Gleiche wie letztes Jahr oder die vergangenen Jahre. Es sind immer wiederkehrende Selbstgespräche, die wir führen. Und vieles davon ist auch nicht unbedingt positiv, aufmunternd und erheiternd, sondern tendenziell eher kritisch, reuevoll hinsichtlich der Vergangenheit und sorgenvoll im Hinblick auf die Zukunft.

Die Vergangenheit loslassen

Unser Verstand hängt gerne in der Vergangenheit herum, wenn er nichts anderes zu tun hat. Gleichwohl hat er die Tendenz, in der Zukunft herumzuhängen und sich Hoffnungen oder Sorgen zu machen über das, was kommen wird. Unser Verstand ist dadurch oft nicht präsent im Moment. Es gibt zudem einen wesentlichen Unterschied zwischen einem realen Problem, dem man tatsächlich gegenübersteht und einem Problem, das von unserem Verstand produziert wird. Doch was »bringt« es überhaupt, wenn man sich Sorgen macht? Im Grunde genommen gar nichts. Das einzige Ergebnis ist, dass es einem schlechter geht.

Unser Verstand ist ein ausgezeichneter Geschichtenerzähler, das muss man ihm lassen. Und tatsächlich tut er nichts anderes als das, wozu er da ist: Gedanken produzieren.

Unkontrolliertes Denken ist schlechte Gewohnheit

Es ist wichtig zu verstehen, dass Sie nicht alles glauben müssen, was Ihr Verstand Ihnen an Gedanken serviert. Denn für viele Menschen ist das gewohnheitsmäßige und unkontrollierte Denken eine schlechte Gewohnheit. Oft denken wir uns in eine schlechte Stimmung hinein ... Die gute Nachricht ist: Sie können sich von diesem unkontrollierten automatischen Denken auch distanzieren oder sogar entkoppeln. Stellen Sie sich vor, Ihr Denklärm ist wie ein Radio. Wie bei einem Radio können Sie auch bei Ihren Gedanken die Lautstärke zurückdrehen. Sie können es zwar nicht ganz ausschalten, aber Sie können zumindest die Lautstärke soweit zurückdrehen, dass die Gedanken nur noch im Hintergrund laufen. Sie müssen also nicht jedem Gedanken, der entsteht, wirklich bewusst Aufmerksamkeit schenken. Im besten Fall gelingt es Ihnen sogar, den Kanal zu wechseln – hin zu etwas Positiverem oder Konstruktiverem. 

Bilder helfen, die Gedanken zu steuern

Stellen Sie sich z. B. vor, Ihre Gedanken sind wie Wolken an einem blauen Himmel. Wolken entstehen irgendwann und wachsen. Manchmal zu großen grauen Gewitterwolken, wie beispielsweise wenn unsere Gedanken zu sorgenvollen Monstern anwachsen. Sie können jetzt diese Wolken einfach vorbeiziehen lassen. Sie müssen nicht auf jede Wolke aufspringen und sie sich genau anschauen.

Ein anderes Bild ist das eines Flusses. Meine Klienten nutzen gerade dieses sehr gerne, indem sie sich ihren Gedankenstrom als Fluss vorstellen, der dahinfließt. In diesem müssen Sie nicht zwingend mitschwimmen und versuchen, den Kopf über Wasser zu halten. Vielmehr können Sie sich ans Ufer setzen und dem fließenden Wasser nur zuschauen. Sie sind bildlich gesehen einfach nur Zeuge Ihres Gedankenstroms.

Eine weitere Möglichkeit ist, dass Sie sich Ihr Denken als eine vielbefahrene Straße vorstellen. Jedes durchfahrende Auto ist ein Gedanke. Auch da können Sie sich an den Straßenrand setzen und einfach ein bisschen zuschauen. Sie müssen nicht in jedes Auto einsteigen und mitfahren.

Wie wichtig ist Achtsamkeit?

Letztendlich sprechen wir hier von nichts anderem als Achtsamkeit im Umgang mit dem eigenen Denken. Mindfulness ist der englische Begriff. Bei Achtsamkeit, oder auch Präsenz, geht es um nichts anderes, als sich selbst besser zuzuhören. Umgang mit Stress und belastenden Gedanken ist in erster Linie eine Zuhörübung. Je besser Sie Ihre inneren Dialoge erkennen und wahrnehmen und ihnen wertfrei zuhören oder zusehen können, desto eher erkennen Sie auch Ihre Bedürfnisse, können diese ernstnehmen und Ihr Verhalten entsprechend danach richten.

Erkennen ist also der erste Schritt für eine bewusste Veränderung, für einen bewussten Umgang mit dem eigenen Denken.

Dieser gelingt Ihnen, wenn Sie Ihr Denken immer wieder einmal setzen lassen. Und mit setzenlassen meine ich, sich einmal hinsetzen, einfach nur zu sein, ohne ständig an irgendetwas zu denken. Das mag anfangs schwierig erscheinen, weil der Denklärm einfach die Oberhand hat. Doch mit der Zeit werden Sie mithilfe von Achtsamkeitsübungen an einen Punkt kommen, dass Sie sich sehr schnell vom Denklärm beruhigen können. Dass es leiser wird und dass damit ein sehr angenehmes Gefühl von Freiheit und Raum entsteht.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie mit diesem Impuls Ihren persönlichen Wirkungsgrad steigern und richtig durchstarten.