Ich werde immer falsch verstanden

Steve de Shazer, der Begründer der lösungsorientierten Kurzzeittherapie, aus der sich später das lösungsorientierte Kurzzeit-Coaching entwickelt hat, brachte einmal sehr schön auf den Punkt, wie es um unsere zwischenmenschliche Kommunikation steht. Er sagte: „Es gibt in der Kommunikation zwischen Menschen eigentlich nur mehr oder weniger hilfreiche Missverständnisse.“ Und es scheint tatsächlich so zu sein, dass sich die Illusion hartnäckig hält, man müsse nur den Mund aufmachen, um verstanden zu werden. Der Alltag zeigt uns jedoch eine ganz andere Realität.

Kommunikation in der Realität
Unzählige Male im Verlauf eines Tages werden wir falsch verstanden, anders verstanden oder missverstanden – wie man so schön sagt. Dazu fällt mir ein sehr passendes Zitat von Konrad Lorenz ein: „Gedacht ist nicht gesagt. Gesagt ist nicht gehört. Gehört ist nicht verstanden. Verstanden ist nicht einverstanden. Einverstanden ist nicht umgesetzt. Umgesetzt ist nicht nachhaltig beibehalten.“ Die Anzahl der Hürden, an denen Kommunikation wirklich scheitern kann, ist hoch.

Führungskräfte sagen: „Ja, ich habe es ihm doch gesagt ... und es passiert wieder nichts.“ Die Schuld wird beim anderen gesucht. Der Finger wird auf den anderen gezeigt. Die gesamte Schuld und Verantwortlichkeit für ein Missverstehen geht auf den Empfänger über. Nun überlegen Sie mal: Wer ist eigentlich dafür verantwortlich, dass die Qualität in der Kommunikation hoch ist oder auch so verstanden wird, wie es gemeint ist? Die Antwort lautet: beide. Der Sender, aber auch der Empfänger. Wir reden von geteilter Verantwortung.

Geteilte Verantwortung
Jeder hat in der Kommunikation Mitverantwortung dafür, dass diese zu einer Synchronisation führt. Das funktioniert genauso wie das Synchronisieren technischer Geräte. Die Folge guter Kommunikation ist also auf beiden Seiten die gleiche Information, das gleiche Verständnis dessen, was besprochen wurde. Und dafür ist nicht nur einer verantwortlich, sondern alle beteiligten.

Wenn ich mir das überall da bewusst mache, wo ich mit Menschen zu tun habe – also als Führungsperson aber auch als Mitarbeitende oder im Privatleben – kann ich letztendlich mit Kommunikation auch anders umgehen. Dann kann ich meine Teilverantwortung übernehmen, indem ich als Sender bspw. nachfrage „Hast du mich verstanden?“, „Ist alles klar für dich?“. Bejaht das der andere, weiß ich allerdings auch nur, dass dieser glaubt, mich verstanden zu haben. Was er oder sie verstanden hat und ob das in meinem Sinne ist, weiß ich damit noch nicht.

Zielführend fragen
Um Missverständnisse zu vermeiden, ist eine zielführende Frage deshalb geeigneter: „Was hast du für dich aus dem Gespräch mitgenommen?“, „Was sind für dich die wichtigsten Aspekte, die du verstanden hast?“

Manche Menschen neigen dazu, Dinge ausschweifend zu formulieren. Wenn Sie sich selbst dazuzählen, empfehle ich Ihnen das, was Sie sagen wollen, in maximal 4 Sätze zu packen. Häufig sind der 5. und 6. Satz eine Wiederholung oder eine Vertiefung dessen, was Sie bereits gesagt haben. Versuchen Sie also kurz und knapp so wenig wie möglich, so viel wie nötig zu kommunizieren. Zu viel Information tötet die Information.

Klar kommunizieren und aktiv zuhören
Mehr Klarheit lässt sich auch durch Visualisieren in eine Aussage bringen. Machen Sie in der Rolle des Senders eine Skizze oder eine Zeichnung. In der Rolle des Empfängers sollten Sie vor allem aktiv zuhören. Aktiv zuhören bedeutet, auch immer wieder nachfragen und signalisieren, dass Sie zu hören. Machen Sie sich Notizen, fassen Sie zusammen, was Sie verstanden haben – der Fachbegriff dazu heißt Paraphrasieren – und übernehmen Sie von der Grundhaltung her einfach eine Mitverantwortung für eine klare Kommunikation. Stellen Sie sicher, dass Sie wirklich verstanden haben, was gemeint ist. Wenn diese beiden Verantwortlichkeiten gelebt werden, dann werden Sie sehen, wie sich die Qualität Ihrer Kommunikation massiv verbessern wird.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg damit.