Die meisten Menschen zucken beim Wort Konflikt leicht zusammen. Manche sogar ziemlich stark. Für die meisten von uns hat der Begriff Konflikt grundsätzlich eine negative Färbung, die nach Streit klingt, nach Konfrontation, nach Spannung, Problemen, Verletzungen, Ärger. Das muss nicht unbedingt so sein, denn diese Wahrnehmung führt häufig unweigerlich dazu, dass wir Konflikte vermeiden, ihnen aus dem Weg gehen oder zu wenig entschieden angehen. Natürlich ist je nach Persönlichkeit der Umgang mit Konflikten ein anderer. Der eine geht voll rein mit getrecktem Bein, der andere umgeht Konflikte, der nächste passt sich einfach an und geht mit. Doch Konflikte können in der Tat auch etwas Positives haben.
Ein Konflikt ist eine Chance
Haben Sie sich schon mal überlegt, was eigentlich das Positive an einem Konflikt sein könnte? Oder welche positiven Seiten ein Konflikt überhaupt haben kann? Nun, ein Konflikt bietet in erster Linie einmal die Möglichkeit, etwas zu klären, also zum Beispiel unterschiedliche Auffassungen, Interessen oder Meinungen. Ein Konflikt bietet die Möglichkeit, Hindernisse aus dem Weg zu schaffen und die Zusammenarbeit wieder zu verbessern, wenn er denn wertschätzend und konstruktiv gelöst wird.
Ein Konflikt kann sogar zur Folge haben, dass eine Beziehung verbessert und gestärkt wird und zwar dadurch, dass der Konflikt gelöst und gemeinsam beseitigt wird.
Höhere Kundenbindung
Ein Konflikt kann auch eine Kundenbeziehung stärken: Es gibt verschiedene Untersuchungen, die aufzeigen, dass eine zufriedenstellend bearbeitete Kundenbeschwerde nachträglich zu erhöhter Kundenbindung führen kann – und das obwohl es im Vorfeld ein Problem gegeben hat, ein Fehler passiert oder etwas schiefgegangen ist. Der Grund: Man hat sich gekümmert. Der Kunde wurde ernst genommen mit seinem Anliegen. Der Kunde empfindet nach der erfolgreichen Beseitigung eines Konflikts also eine höhere Zufriedenheit, eine engere Bindung, als wenn gar nichts passiert wäre. Das klingt auf den ersten Blick paradox, ergibt aber bei näherem Hinsehen durchaus Sinn.
Vergleichen können Sie das am besten mit einem Sommergewitter. Bevor ein Gewitter aufkommt, ist die Luft dick, sie ist schwer, schwül, unangenehm. Und dann irgendwann kommt endlich das Gewitter, die Energien entladen sich und es knallt, donnert und blitzt. Und wie ist die Luft nach dem Sommergewitter? Sie ist sauber. Klar. Leicht. Frisch. Und genauso kann es sich anfühlen, wenn ein Konflikt wirklich zufriedenstellend gelöst worden ist. Das heißt also: Konflikte haben durchaus positive Aspekte. Auch Innovation und neue Ideen entstehen häufig aus Konflikten.
Konflikte frühzeitig erkennen
Auf der anderen Seite ist natürlich auch klar, dass Konflikte durchaus Gefahren bergen. Besonders auf der Beziehungsebene ist das Risiko groß, Schaden anzurichten – unter Umständen sogar großen Schaden, wenn sie nicht mit der nötigen Sorgfalt gelöst werden. Deshalb ist es wichtig, Konflikte früh zu erkennen, Konfliktsymptome rechtzeitig wahrzunehmen, um dagegen steuern zu können. Und brechen Konflikte auf, sollten sie entschieden angegangen werden.
Tipp 1: Put the fish on the table
Im Englischen gibt es diese schöne Redewendung: „Put the fish on the table“. Stellen Sie sich vor, ein Konflikt ist ein toter Fisch. Lässt man einen Fisch eine Zeitlang liegen, beginnt er zu stinken. Auch, wenn es nur ein kleiner Fisch ist. Der Gestank ist enorm. Viele tote Fische unterm Tisch stinken gewaltig. Sie verpesten die Luft, je länger sie dort liegen. Konflikte sind eben „dicke Luft“. Also: Legen Sie den Fisch auf den Tisch. Gehen Sie Konflikte entschieden und entschlossen an. Lassen Sie es nicht zu, dass sich unter dem Tisch ein ganzer Haufen von Fischen ansammelt.
Wie Sie das am besten machen, können Sie lernen, trainieren. Es gibt gewisse Grundprinzipien und Grundhaltungen, die Ihnen dabei helfen können:
Vergegenwärtigen Sie sich, dass jeder immer Recht hat. Jeder Mensch hat immer Recht – aus seiner Perspektive! Und wenn Sie dem anderen dieses Recht zugestehen, hilft Ihnen eine solche Grundhaltung ungemein – auch wenn Sie komplett im Konflikt stehen mit dem Verhalten oder der Meinung des anderen.
Tipp 2: Grundhaltung antrainieren
Gehen Sie mit der Haltung rein: „Ich bin okay. Du bist okay.“ Auf diese Weise trennen Sie das Thema grundsätzlich vom Menschen. Wenn Sie diese beiden Dinge trennen, können Sie uneinig sein, sich um den Inhalt oder das Thema streiten und gleichzeitig konsequent jederzeit „Ja“ sagen zur Person. Auch das führt zu einer ganz anderen Gesprächsqualität in einem Konfliktgespräch.
Tipp 3: Ego zurückstellen
Versuchen Sie, statt um jeden Preis Recht haben zu wollen, sich zu überlegen, was denn für die Situation richtig ist. Recht haben wollen ist egogetrieben. Das Ego will Recht haben. Das Ego will gewinnen. Und wenn es einen Gewinner gibt, dann gibt es in der Regel auch einen Verlierer.
Versuchen Sie also, Ihr eigenes Ego zurückzustellen und sich zu überlegen, was ist Sinn und Zweck der Sache. Was ist der übergeordnete Sinn, um den es hier geht und was braucht es in dieser Situation jetzt? Was sind die Anforderungen der Situation, ausgerichtet an den gemeinsamen, übergeordneten Interessen? Dieses führt zu einer ganz anderen Gesprächsqualität, als wenn Sie um jeden Preis Recht haben wollen.
Viel Erfolg mit Ihren künftigen Konflikten.