Ein Problem nach dem anderen

Häufig erlebe ich bei Führungskräften, aber auch bei Mitarbeitern in Unternehmen einen gewissen Frust. Dieser rührt unter anderem oft daher, dass kaum, dass ein Problem gelöst ist, schon das nächste auf dem Tisch liegt. Menschen fühlen sich wie im Hamsterrad, sie rennen und rennen und rennen - und kommen gefühlt keinen Schritt voran.

Man kommt einfach nicht zur Ruhe
Kaum ist die letzte Reorganisation abgeschlossen, steht schon die nächste vor der Tür. Kaum wurden die letzten Änderungen erfolgreich implementiert und umgesetzt, stehen schon die nächsten Änderungen an und alles – oder vieles – wird wieder über den Haufen geworfen. Als würde man von einer Welle nach der anderen überrollt und versucht dabei einfach nur den Kopf über Wasser zu halten.

Das englische Akronym „VUCA“ (für Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity) beschreibt das, was viele Führungskräfte, Mitarbeiter und auch Unternehmen erleben – nämlich eine zunehmend volatile, unsichere, komplexe und mehrdeutige Situation. Wo es früher vielleicht noch ein Schwarz und ein Weiß gab, wo es noch ein Richtig und ein Falsch gab, gibt es heute häufig grosse Graubereiche und wenig Planbarkeit.

Mit diesem Zustand und der konstanten Veränderung umgehen zu können, ist eine große Herausforderung für viele Führungskräfte und Mitarbeiter.

Hier kann es helfen, sich einmal bewusst zu machen und zu vergegenwärtigen, dass das Leben grundsätzlich – und insbesondere das Berufs- und Geschäftsleben – aus einem Problem nach dem anderen besteht. Oder sagen wir: aus einer Herausforderung nach der anderen. Ist eine bewältigt, kommt die nächste. Und die einzige Konstante ist effektiv der Wechsel, die laufende Veränderung.

Akzeptieren macht es leichter
Der erste Satz in einem schönen Buch aus den späten 1970er Jahren mit dem Titel The road less traveled heißt ganz einfach: life is difficult. Das Leben ist schwierig. Je schneller Sie nun zum Punkt kommen, dass Sie diese Tatsache akzeptieren, desto weniger schwierig wird es sich anfühlen. Desto leichter und unbeschwerter werden Sie damit umgehen können. Besinnen Sie sich stattdessen auf das, was Sie kontrollieren und beeinflussen können.

Es wird immer Dinge geben, die uns belasten, die wir einfach nicht kontrollieren und auch nicht beeinflussen können – die also schlicht außerhalb unseres Einflussbereiches sind.

Was ist beeinflussbar?
Fragen Sie sich in solchen Momenten, welche Aspekte Sie kontrollieren können und welche nicht. Und dann überlegen Sie: „Wieviel Zeit und Energie will ich in Widerstand und Kampf gegen Dinge investieren, die ich nicht beeinflussen oder kontrollieren kann? Und wie schnell lenke ich stattdessen meine Aufmerksamkeit und meine ganze Energie auf die Dinge und Aspekte, die ich beeinflussen, ändern und kontrollieren kann?“

Können Sie beispielsweise das Wetter kontrollieren oder ändern, wenn es anders ist, als Sie es sich erhofft haben? Nein. Sie können hingegen wählen, welche Kleider Sie anziehen und was Sie bei diesem Wetter tun wollen. Das scheint banal, doch selbst hier gibt es Menschen, die an ihrem Ärger und Widerstand gegen das „schlechte“ Wetter festhalten und sprichwörtlich darin feststecken.

Bewusstheit für das Änderbare
Interessanterweise hilft diese Gedankenübung dabei, sich auch ganz grundsätzlich bewusster zu machen, wie viel man häufig selber beeinflussen kann. Das Bewusstsein für den eigenen Einflussbereich steigt damit. Was auf jeden Fall immer auf die Liste derjenigen Dinge gehört, die im eigenen Einflussbereich liegen, ist die eigene Einstellung. Die Perspektive also, aus der Sie die Situation, das Problem oder die Herausforderung betrachten und den Wert, den Sie ihr geben. Hier haben Sie Handlungsspielraum. Immer.

Die Dinge, Ereignisse und Situationen sind nicht von Bedeutung an sich. Wir geben ihnen eine Bedeutung mit unserem Denken, indem wir sie bewerten. Indem wir zu uns selbst sagen: Das ist eine Katastrophe – oder eben eine große Chance und neue Möglichkeiten, die sich da für mich eröffnen. Das sind häufig zwei unterschiedliche Sichtweisen der ein und selben Situation.

Ich habe lange Outplacement Beratungen gemacht. Das heisst, ich habe Führungskräfte verschiedener Stufen in der beruflichen Neuorientierung begleitet, nachdem sie dazu eingeladen worden waren, das Unternehmen zu verlassen. Eine der Hauptaufgaben bestand darin, genau diesen Perspektivenwechsel zu ermöglichen und zu fördern, nämlich weg vom Blick zurück in Wut und Enttäuschung, hin zu einem Blick nach vorne, auf Chancen und Möglichkeiten.

Mein Tipp: hinsetzen und die Situation bewerten
Wenn Sie sich also in einer Situation wiederfinden, in der Sie frustriert darüber sind, dass ein Problem auf das andere folgt, dass alles in Bewegung ist und Sie nie zur Ruhe kommen und die Dinge endlich einmal nachhaltig umsetzen wollen, gehen Sie diesen Gedanken nach.

Wenn Sie merken, wie Sie mit Veränderung hadern, dann setzen Sie sich einfach hin. Nehmen Sie ein Blatt Papier. Teilen Sie es in der Mitte mit einer vertikalen Linie. Schreiben Sie in der linken Spalte alle Aspekte auf, die Sie an der Situation nicht ändern, kontrollieren oder beeinflussen können. Schreiben Sie dann auf der rechten Seite all die Aspekte auf, die Sie ändern, kontrollieren oder beeinflussen können. Und setzen Sie an die Spitze dieser Liste Ihre eigene Einstellung zur Situation. Dann wählen Sie, auf welche Aspekte Sie Ihre Aufmerksamkeit lenken wollen. Viel Erfolg damit!