Ich erlebe immer wieder, wie sich Menschen von Kommunikationstechniken und Methoden einen schnellen »Fix« ihrer zwischenmenschlichen Probleme erhoffen. Häufig fragen mich z. B. Führungskräfte „Mit welchen Techniken kann ich mich besser durchsetzen und behaupten? Welche Methoden machen mich schlagfertiger? Was kann ich tun, um andere besser zu beeinflussen?“ Diese Fragen und der damit verbundene Wunsch nach mehr Selbstwirksamkeit sind natürlich nachvollziehbar. Doch sie greifen zu kurz, denn sie bleiben auf der Ebene des Verhaltens und damit an der Oberfläche des Geschehens.
Natürlich sind Techniken und Methoden in der Kommunikation wichtig. Wenn ich weiss, welche Optionen ich z. B. in einem Gespräch mit hohem Konfliktpotenzial habe, um dieses nicht eskalieren zu lassen, oder sogar bewusst zu de-eskalieren, dann ist das schon sehr wertvoll. Es wird mir jedoch mit aller Methodik nicht gelingen, wenn die dazu gehörende Grundhaltung nicht gegeben ist. Denn mit welcher inneren Einstellung ich in einen Dialog gehe, durchdringt jedes Wort und jeden Satz, den ich von mir gebe. Sie beeinflusst die Qualität meiner Fragen und meines Zuhörens und letztendlich die Qualität der gesamten Kommunikation.
Und so gibt es bezüglich der Grundhaltungen einige Empfehlungen, die sich zuverlässig als gesprächsfördernd erweisen. Sie werden tiefgreifender erlebt, als alle Gesprächstechniken und erhöhen die Qualität von Führung, Zusammenarbeit, oder Kundenkontakt.
1. Umkehrbarkeit
Könnte ich das, was ich gleich von mir geben möchte, auch »verletzungsfrei« annehmen, wenn mein/e Gesprächspartner/in das so zu mir sagen würde? Falls die Antwort „Nein“ lautet, ist es vielleicht hilfreich, es nochmals kurz in eine beziehungsschonendere Variante umzuformulieren und erst dann zu sagen.
2. Symmetrie
Ein Gespräch auf Augenhöhe, das sich z. B. in einem ausgewogenen Redeanteil zeigt. Symmetrie ist als Grundhaltung möglich, auch wenn es sich um eine tendenziell asymmetrische Gesprächssituation handelt, wie z. B. ein Kritikgespräch in einem Führungskontext. Bestimmte Gesprächssituationen sind aber grundsätzlich asymmetrisch. Wenn ich z. B. nachts von einer Polizeistreife zum Anhalten aufgefordert werde und sich der Polizist nach meinen Ausweispapieren erkundigt, so ist das durch die Rollenverteilung eine asymmetrische Gesprächssituation, der ich mich besser unterordne. Früher waren Gespräche mit dem Hausarzt noch eher asymmetrisch im Vergleich zu heute, wo es häufig eher ein Gespräch zwischen Partnern ist.
3. Authentizität
Hier geht es um Echtheit und Verwundbarkeit. Voraussetzung dafür ist ein Gesprächsklima, in dem ich angstfrei sagen kann, was ich denke und fühle (d. h. ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen). Zeige ich mich als die Person, die ich bin – auch wenn ich mich in einer Rolle befinde, z. B. der einer Führungskraft – oder maskiere ich mich in meinem Verhalten? Echtheit schafft Kontakt und Vertrauen, Maskierung schafft Misstrauen und Distanz. Die häufigsten Masken in Gesprächssituationen sind Angriff, Schuldzuweisung und Opferhaltung. Sie alle dienen letztlich dem Selbstschutz. Ob wir authentisch sind, zeigt sich vor allem in unserer Körpersprache. Sie wirkt besonders dann stärker als das, was wir sagen, wenn wir nicht authentisch sind und wird dann von anderen als unstimmig erlebt. Authentizität bedeutet nicht, dass ich alles sage, was ich denke und fühle. Das, was ich sage, sollte aber meiner inneren Überzeugung entsprechen.
4. Einfühlungsvermögen
Sicher haben Sie schon oft den Begriff „Empathie“ gehört. Dabei handelt es sich um die Fähigkeit und die Bereitschaft, sich in jemanden hineinzuversetzen und die Welt auch aus seiner Sicht zu sehen. Empathie zeigt sich im Verhalten vor allem durch partnerzentrierte Fragen und echtes, aktives Zuhören. Verhalten also, das wir ganz natürlicherweise zeigen, wenn wir mit unserem besten Freund auf einer Parkbank sitzen. Anspruchsvoller kann es werden, wenn wir gerade einen schreienden Kunden / Mitarbeiter / Vorgesetzten vor uns stehen haben. Mit der Fähigkeit zur Empathie allein ist es dann nicht getan. In solchen Momenten braucht es vor allem auch die Bereitschaft dazu, damit empathisches – und damit dialogförderndes – Verhalten möglich wird.
5. Glaubwürdigkeit
Glaubwürdig sind wir dann, wenn wir das, was wir versprechen, auch tun. Und wenn wir nur das fordern, was wir auch von uns selbst fordern würden. Dazu gehört auch, dass wir über Anlass und Ziel eines Gesprächs klar informieren und zu dem stehen, was wir in diesem Gespräch gesagt, oder zugesichert haben.
6. Respekt und Wohlwollen
Die grundsätzliche Bereitschaft, den Gesprächspartner in seiner Eigenart zu respektieren bedeutet nicht, einfach alles zu akzeptieren und mit allem einverstanden zu sein, was dieser sagt und tut. Respekt und Wohlwollen sind vielmehr aktive Grundhaltungen, durch die wir unsere Bereitschaft signalisieren, Probleme so zu lösen, dass es am Schluss nicht einen Gewinner und einen Verlierer gibt, sondern dass beide Seiten gewinnen.
7. Lösungsorientierung
Wir können Situationen und Herausforderungen problem- oder lösungsorientiert angehen. Bei einer problemorientierten Herangehensweise geht es häufig darum, zu verstehen, warum etwas passiert ist und wer daran Schuld hat. Sie ist damit also vorwiegend auch vergangenheitsorientiert. Eine lösungsorientierte Grundhaltung richtet die Aufmerksamkeit auf mögliche Lösungen und ist somit zukunftsorientiert. Im Gespräch können wir durch entsprechende Fragen auch die Aufmerksamkeit unseres Gesprächspartners weg vom Problem und hin zu möglichen Lösungsansätzen lenken: „Was sollte deiner Meinung nach jetzt geschehen? Was können wir tun? Was schlägst du vor?“ etc.
Fazit: Keine noch so perfekt beherrschte Technik oder Methodik kann diese Grundhaltungen ersetzen. Im Gegenteil: Ohne die entsprechende Grundhaltung bleiben die meisten Techniken und Methoden sogar weitgehend wirkungslos. Die Reise zu einem besseren, d. h. konfliktfreieren Kommunikationsverhalten geht deshalb zuerst nach innen.
Mit welchen Grundhaltungen sind Sie unterwegs? Am Arbeitsplatz, aber auch privat. Welche Ihrer Grundhaltungen sind eher gesprächsfördernd, welche eher hinderlich? Ein Coach und Sparringspartner kann hier wertvolle Hilfestellung leisten, indem er Blinde Flecken bewusstmacht, neue Handlungsoptionen aufzeigt und so den Veränderungsprozess nachhaltig unterstützt.